Giuliani pop

CD BailesLute Music of the Netherlands
Anthony Bailes, Laute
Werke von Joachim van den Hove, Emanuel Adriaenssen, Nicolas Vallet, Gregorio Huwet und aus dem Thysius Lautenbuch
Erschienen 2012
CARPE DIEM CD-16289, im Vertrieb von NAXOS
… Bailes lädt seine Hörer zu sich ein und spielt …

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Das Thysius-Lautenbuch, mit Stücken aus dieser Handschrift beginnt Anthony Bailes das Programm seiner neuesten CD, ist eine für seine Entstehungszeit typische Sammelhandschrift. Sie enthält Stücke aus dem damals überblickbaren europäischen Umfeld und Intavolierungen von populären Chansons und Madrigalen, Tänze und Fantasien. Geschrieben hat sie ein Geistlicher namens Adriaan Joriszoon Smout (1580—1646), ihren Namen hat sie aber erst durch ihren Erwerber, den Sammler Joan Thijs (latinisiert Johannes Thysius) (1622—1651) erhalten, dessen „Biblioteca Thysiana“ heute noch in seiner Heimatstadt Leyden existiert.

Untypisch ist das Thysius-Lautenbuch ob seines Umfangs. Es umfasst mehr als 900 Stücke für fünf- bis siebenchörige Laute, geschrieben in französischer Tabulatur. Damit ist die Handschrift eine der umfangreichsten Quellen von Lautenmusik überhaupt.

Aus der Thysius-Handschrift spielt Anthony Bailes zunächst niederländische Volkslieder und gleich mit dem ersten, „Met dat schuijtgen al over dat meertgen“, findet sich der Hörer in eine Stimmung eingebunden, die von schnörkelloser Einfachheit und von „häuslicher Schlichtheit“ geprägt ist. Bailes lädt seine Hörer zu sich ein und spielt. So, als wolle er ihnen etwas erzählen. Gemütlich. Und keinesfalls hat man den Eindruck, er säße auf einer Bühne und wolle glänzen und überzeugen … und eben auf diese Art nimmt er für sich und besonders seine Musik ein. Man fühlt sich in die Kammer eines in sich gekehrten Gelehrten zu Beginn des 17. Jahrhunderts versetzt, der sich an der Musik erfreut und sich mit ihr auseinandersetzt. Unaufgeregt und sehr wohl wissend, was er da vor sich hat und tut.

Zwei Fantasien von Gregorio Huwet (vor 1550—ca. 1616) gibt es noch zu hören, eine davon ist 1610 in dem Buch „Varietie of Lute Lessons“ von Robert Dowland erschienen. Zusammen mit einer Fantasie von Joachim van den Hove (1567—1620) und dem einen oder anderen Stück von Nicolas Vallet (ca. 1583—nach 1644) gehören sie zu den avancierteren Stücken des Programms, gleichzeitig belegen sie die enge Beziehung, die zu englischen Lautenisten der Zeit gepflegt wurde. Von Van den Hove spielt Bailes dazu noch dessen variierte Version der „Pauana Lachrimæ“ von John Dowland, ebenso je eine „Almande“ und „Galliarde“, die stark von Dowland beeinflusst sind.

Eine CD voller Entdeckungen hat Anthony Bailes hier vorgelegt und das auf eine Art, die irgendwie nicht mehr in unsere schnelllebige Zeit zu passen scheint. Der Lautenspieler auf der Delfter Kachel, die zum Hauskonzert einlädt, belegt wieder einmal, mit welcher Detail-Liebe bei CARPE DIEM produziert wird.