Giuliani pop

Beethoven on GuitarBeethoven on Guitar
Volker Höh, Gitarre; Dimitri Ablogin, Fortepiano, Verena Schoneweg, Violine; Harald Schoneweg, Viola
Werke von Ludwig van Beethoven
Aufgenommen zwischen Februar und März 2019
Instrumente: Fortepiano von William Jurgenson 1988 nach Nannette Streicher, Wien 1814; Violine von Gagliano 1741; Viola von Carlo Ferdinando Landolfi 1737; Gitarren von Johann Anton Stauffer
NAXOS 8.551409
… würdige Äußerungen zum Beethovenjahr …

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Adelaide: Beethoven and the Guitar
Izhar Elias und Fernando Cordas, Gitarren, Zefira Valova, Violine, Ivan Iliev, Viola
Werke von Ludwig van Beethoven
Aufgenommen im April 2013, erschienen ℗ 2013
Gitarren von Guadagnini und Johann Anton und Johann Georg Stauffer
BRILLIANT CLASSICS 94631
… nur positive Würdigungen …

Beethoven and the guitar

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Es gibt von Ludwig van Beethoven tatsächlich ausreichend Spielmaterial für Gitarre oder Mandoline, um eine ganze CD zu füllen! Und dass es hochkarätige Musik ist, die der Rheinländer uns da vermacht hat, muss nicht betont werden. Ein zentrales kammermusikalisches Werk aus seinem Œuvre ist sogar darunter, das dann auch beide Gitarristen (Volker Höh und Izhar Elias) mit ihren jeweiligen musikalischen Partnern aufgenommen haben: die Sérénade D-Dur op 8. Diese Komposition hat Matanya Ophee vor einigen Jahren neu herausgegeben – unter Bezug auf eine frühe Bearbeitung für Violine, Gitarre und Viola, die Wenzeslaus Thomas Matiegka (1773–1830) 1807 angefertigt hat. Die Erstausgabe in der ursprünglichen Besetzung für Violine, Viola und Cello ist schon 1797 bei Artaria in Wien erschienen.
Hugo Riemann beschrieb Beethovens Serenade so: „Man kann sich bei dem Verlauf des Stückes ganz wohl ein kleines Situations- oder Stimmungsbild ausmalen … Ein kurzer festlicher Marsch bezeichnet den Eingang; dann beginnt ein langsames Stück von gefälligem, im zweiten Thema dringlich einschmeichelndem Ausdruck; besonders hier ergehen sich Violine und Cello in hübschen Solopartien; auch sehnsüchtige Klage kommt zum Ausdruck, und der angehaltene Schluß scheint auf Erhörung zu warten; dieser gibt dann ein fröhlicher Menuettsatz mit einem bewegten Trio und der humoristischen Coda Ausdruck. Ein sanft klagendes liedmäßiges Adagio (d-Moll) scheint schwindender Hoffnung zu gelten, doch wird es zweimal wieder von einem munteren Zwischensatz unterbrochen. Die Spieler fassen wieder Mut, ihre Kunst zu zeigen; eine muntere Polonaise erklingt und fesselt die Zuhörer. Noch folgt ein Andante mit Variationen, über welches nun aller Liebreiz ausgegossen ist. … Die Variationen führen zu dem Einleitungsmarsch zurück, mit welchem die Sänger abziehen.“


Dies war bei beiden Aufnahmen mit rund 30 Minuten eine Hälfte des Programms, ab hier differieren die Werkzusammenstellungen. Volker Höh & Co. spielen nun ein paar Stücke, die im Original für Mandoline und Hammerklavier überliefert sind und auf die der Mandolinen-Historiker Konrad Wölki in seiner Broschüre „Geschichte der Mandoline“ (Hamburg 1939, 1974 und 1979) hingewiesen hat: „In der Gesamtausgabe der Werke von Ludwig van Beethoven bei Breitkopf & Härtel (1864–1867) sind ein Adagio in Es-Dur und eine Sonatine in c-Moll für Mandoline und Cembalo enthalten. Dr. Anton Chitz, der spätere Kapellmeister der Dresdener Oper, fand 1906 auf dem Familiensitz der gräflichen Familie Clam-Gallas in Friedland in Böhmen weitere Mandolinenmusik Beethovens auf: Sonatine C-Dur und Thema mit Variationen. In Ergänzung zu Berichten über seinen Fund veröffentlichte Chitz 1910–1912 die C-Dur-Sonatine. K. W. [Wölki] trat 1936 mit Chitz in Verbindung; 1939 veranlaßte ersterer den „Musikbeauftragten des Reichsprotektorats“ Dr. Hugo Kienzl, erneut in Friedland nach den Beethovenschen Autographen zu forschen. Dies führte dann zur Erstveröffentlichung der Variationen. Außerdem stellte sich heraus, dass das auf der Berliner Bibliothek befindliche Autograph des Es-Dur-Adagio Beethovens erste Kompositionsskizze war.“ (S. 26) Hugo Kienzl, der „Musikbeauftragte des Reichsprotektorats“ wird nicht weiter erwähnt und ist selbst in der NS-kritischen Spezialliteratur nicht zu finden. Mit Wilhelm Kienzl (1857–1934), dem Komponisten der Oper „Der Evangelimann“, war Hugo Kienzl offenbar nicht verwandt (s. Fred K. Prieberg, Handbuch Deutsche Musiker 1933–1956, Auprès des Zombry, CD-Rom, 2004).
Volker Höh spielt statt der Mandoline, wie sie in den Opera WoO [Werke ohne Opusnummern] 43a, 43b, 44a, 44b, von Ludwig van Beethoven vorgeschrieben ist, eine Terzgitarre von Johann Anton Stauffer von 1838. Als zusätzliches Werk spielen Höh & Co. Beethovens Variazioni op. 169 in einer Bearbeitung von Ferdinando Carulli.
Izhar Elias hat sich anders entschieden. Er gibt mit seinen musikalischen Partnern nicht die Mandolinenstücke, sondern zeitgenössische Transkriptionen von Instrumentalstücken Beethovens, darunter Andante con moto quasi Allegretto aus dem Rasumowski-Quartett op. 59 Nº 3 (arrangiert von Vincenz Schuster).
Beide Ensembles, das rund um Izhar Elias und gleichsam das von Volker Höh, bemühen sich um weitgehend „authentische“ Darstellung, und das beschränkt sich keineswegs auf die Verwendung von „period instruments“. Im Gegenteil! Volker Höh hat sogar statt der angesagten Mandoline eine Terzgitarre verwendet – die aber natürlich von einem zeitgenössischen Instrumentenmacher … wie das zu Beethovens Zeit sicher gang und gäbe gewesen wäre, hätte die Situation es erfordert.
Beide Aufnahmen .—so sehr sie sich auch unterscheiden – sind würdige Äußerungen zum Beethovenjahr, beide haben ihre Pros und Contras, beide werden aber nur positive Würdigungen finden. Sicher hätte ich eine Aufnahme mit Mandoline begrüßt – kein Wunder, wo ich doch als ausgesprochener Mandolinen-Verteidiger und Mandolinen-Freund bekannt bin.

Beethoven PartiturEDITION: Ludwig van Beethoven: Werke für Mandoline und Klavier, URTEXT
Nach den Quellen herausgegeben von Armin Raab, Fingersatz der Klavierstimme von Andreas Groethuysen
München 1994, C. Henle Verlag
ISMN 979-0-2018-0499-6, € 19,50
Diese Urtext-Ausgabe ist schon einige Jahre auf dem Markt – jetzt hat sie wegen des Gedenkjahrs neue Aktualität erhalten. Die Ausgabe geht zurück auf die entsprechende Gesamtausgabe: Beethoven. Werke, Abteilung V, Band 4: Werke für Klavier und ein Instrument. G. Henle Verlag, München 1993. Dort findet sich auch der Kritische Bericht mit Angaben zu Entstehungsgeschichte, Quellenlage und Textgestaltung.