Fernando Sor
Petri Kumela – Guitarra Clásico -Romántica: René Lacôte, 1826
Aufgenommen im Mai 2017
Gitarre von René Lacôte, 1826, restauriert 2014 von Gabriele Lodi
TEMPUS CLÁSICO 10140
… als einen der bedeutendsten spanischen Gitarristen und Komponisten des 19. Jahrhunderts …
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Auf „originalen“ Gitarren zu spielen, ist heute nichts Besonderes mehr! Besonders für Musik des frühen 19. Jahrhunderts ist es fast gang und gäbe geworden … wobei wirklich „originale“ Instrumente ebenso verwendet werden wie Repliken.
Ich kann mich an ein Konzert 1983 in Québec/Kanada erinnern, bei dem Maria Kämmerling und Leif Christensen mit Gitarrenduos von Mauro Giuliani auftraten und sie spielten zeitgenössische Gitarren. Die Reaktion des Publikums (fast alles Gitarristinnen und Gitarristen, die meisten aus den USA) war irgendwo zwischen verständnislos und ablehnend. Neben mir saß John Duarte und meinte (hinter vorgehaltener Hand): „Damit haben die keine Chance!“ Einen weiteren Kommentar zitiere ich hier aus Gründen der Diskretion nicht.
Wen das erstaunt (oder ärgert) – auch nach dem nächsten Programmteil war das Publikum teilweise „not amused“. Unmittelbar nach Kämmerling/Christensen spielte David Leisner nämlich (unter anderem) einen Satz aus der Oper „Einstein on the Beach“ von Philip Glass. Die Leute hatten wenig Verständnis – weniger noch, als für die Giuliani-Duos.
Es dauerte nicht lange, bis es fast zum Standard wurde, dass Musik von Sor, Giuliani oder Regondi vornehmlich auf Gitarren des 19. Jahrhunderts gespielt wurde oder auf Kopien derselben. Und mehr noch! Die Beschäftigung mit Alter Musik und mit deren Aufführungspraxis hat die Erkenntnis bei Musikern wachsen lassen, dass es mit dem Verwenden historischer Instrumente nicht getan war. Um dem Erlebnis, die Musik der Zeit von vor rund zweihundert Jahren möglichst so zu hören, wie sie damals geklungen hat, reicht es nicht, dafür das gleiche (oder ein ähnliches) Werkzeug zu verenden, wie die Kollegen damals, man muss es auch so spielen, wie sie. Das heißt: ähnliche Tempi, ähnliche Phrasierung, ähnliche Akzentuierung … und das sind keine archäologischen Methoden oder Forderungen! Niemand will die Musik von einem Sarg in den nächsten legen, es geht darum, ihr wieder Leben einzuhauchen. Dafür muss man zunächst die Möglichkeiten des älteren Instruments erforschen, damit man ihm nichts zumutet, was es nicht leisten kann. Beispiel: Man kann auf einer klein mensurierten, mit Darmsaiten bezogenen Gitarre nicht mit dem heute üblichen Fingernagelanschlag spielen. Überhaupt ist das Apoyando-Spiel ungeeignet für die Auslegung der Gitarren zur Sor-Zeit. Mindestens kann man sagen: Ein kraftvolles, lautes Spiel, wie es auch Petri Kumela auf seiner Sor-CD pflegt, ist bei dem fragilen historischen Saitenmaterial nicht auf Dauer möglich.
Petri Kumela spielt moderne Nylonsaiten – das jedenfalls höre ich und das verraten auch die präzisen Fotos, die das Booklet begleiten. Die virtuosen Passagen in den „Estudios“ wären mit Darmsaiten auch tatsächlich weniger brillant ausgefallen … auch nicht so flüssig und so durchgehend homogen, was den Klang angeht. Petri Kumela hat irgendwie einen Mittelweg gefunden – er spielt eine historische Gitarre und bemüht sich auch, das Instrument angemessen zu behandeln. Gleichzeitig verzichtet er nicht auf modernen Gitarrenklang und die spieltechnischen Möglichkeiten, die ihm da geboten werden. So bringt er ein üppiges Programm mit durchaus populären Werken zu Gehör, das Fernando Sor so darstellt, wie wir ihn würdigen sollten … als einen der bedeutendsten spanischen Gitarristen und Komponisten des 19. Jahrhunderts.
Petri Kumelas Programm: op. 9: Mozart-Variationen; op. 14: Gran Solo; op. 43: Seis Bagatelles; op. 6: Douze Etudes (daraus Nº 6, 11 und 12); op. 5: Andante Largo; op. 13: Fantaisie Elégiaque; op. 31: Vingt Quatre Leçons (daraus Nº 23); op. 35: Vingt Quatre Exercices (daraus Nº 17).