Giuliani pop

Bach Thomas DunfordBach – Thomas Dunford
BWV 1007, 995, 1004
Aufgenommen im Juli 2017, erschienen ℗ 2018
Laute: Archlute by Giuseppe Tumiati, Cremona 1993
ALPHA CLASSICS 361, im Vertrieb von Note-1
… Sehr schön, sehr vielversprechend! …

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Thomas Dunford wurde 1988 in Paris geboren, studiert hat er bei Charles-Edouard Fantin in Paris, danach bei Hopkinson Smith. Heute ist er auf den Bühnen der Welt zuhause – als Solist und in verschiedenen Ensembles. Was Thomas‘ Diskographie angeht, hat er sich bisher mit John Dowland befasst, mit Kapsberger und jetzt mit Johann Sebastian Bach.
Dunford spielt auf seiner neuen CD nicht das „übliche“ Bach-Lauten-Repertoire. Nicht „Präludium, Fuge und Allegro“, nicht die „Erste Lautensuite“ … statt derer zwei Cello-Suiten und die Chaconne … obwohl … bei genauerer Betrachtung wird es rasch für jedermann offenkundig, dass Bachs „Erste Lautensuite“ auf dessen fünfte Cellosuite zurückgeht. Die Cellosuite trägt im BWV die Nummer 1011, die Lautensuite die 995. Wer die Transkription Cello/Laute angefertigt hat, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Tilman Hoppstock schreibt in seinem Standardwerk über „Die Lautenwerke Bachs aus der Sicht des Gitarristen“ (Vol. 1, Darmstadt 2009, S. 43): „Die Transkriptionsfassung für Laute ist vermutlich einige Jahre später in Leipzig entstanden. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Auftragsarbeit für einen Lautenisten namens Schouster, der in der Widmung des Werkes erwähnt wird. […] Denkbar wäre, dass Bach, um die Bitte für ein größeres Werk für Laute erfüllen zu können, aus Zeitnot auf das bereits vorhandene Stück für Cello solo zurückgriff.

Die Sleeve-Notes zur CD stammen von Peter Wollny, Harvard-Absolvent und Direktor des Bach-Archivs in Leipzig. Er kennt keinen Lautenisten namens Schouster, sondern geht davon aus, dass es sich bei der Suite „um Bachs eigene [sic] Übertragung der fünften Cellosuite (BWV 1011) für Laute solo (BWV 995)“ handelt, „die er [sc. Johann  Sebastian Bach] unter dem Titel „Pièces pour la luth“ dem Leipziger Buchhändler und Verleger Jacob Schuster widmete."
Thomas Dunford verliert sich nicht in Virtuosenlust, wenn es zum Beispiel in der Chaconne schneller wird – schließlich ist eine Chaconne eine Art Variationssatz! Gehört er vielleicht zu den wenigen modernen Lautenisten, die nicht über die Gitarre zur Laute gekommen sind? Viele behaupten das … aber, man hört die musikalische Herkunft! Gemeint sind jetzt weniger Segovia-Vibrati oder desselben unverwechselbare Portamenti, die zu gitarrenspezifischen Aufführungseigentümlichkeiten geworden sind und Ex-Gitarristen entlarven. Nein, es sind auch Tempovorlieben und die für deren Realisierung notwendigen technischen Tricks. Schließlich war es ja nicht nur Andrés Segovia, der seinerzeit krasse interpretatorische Eigenheiten pflegte, es war eine ganze Generation von Musikern, die als Epigonen des Maestros auftrat.
Aber schließlich ist Dunford Lautenist … und die eignen sich weniger zum unreflektierten Nachahmen, als es Gitarristen offenbar tun. Zu seiner Lachrimæ-CD habe ich am 13. Juni 2016 geschrieben: „Thomas Dunford, der Lautenist, spielt sehr kontrolliert und dafür, dass er bei Paul O’Dette gelernt hat, zurückhaltend akademisch … dass er von Hoppy Smith, dem Intellektuellen der Zunft, die Basler musikalischen Weihen erhalten hat, bleibt einem nicht verborgen, wenn man seine sensibel gewählten Tempi auf sich wirken lässt und das Licht bewundert, in dem sie die Stücke wirken lassen“.
Sehr schön, sehr vielversprechend! Thomas Dunford wird uns hoffentlich bald wieder besuchen!