Giuliani pop

Dowland Songs for Soprano and Guitar TEXTDowland: Songs for Soprano and Guitar
Siphiwe McKenzie, soprano; Adriano Sebastiani und Riccardo Bini, guitars
Aufgenommen im Juli 2015, erschienen ℗ 2016
Gitarren: Luciano Maggi (2011) und Masaru Kohno (1986)
BRILLIANT CLASSICS 94480
… Diese CD mit Lautenliedern von Dowland goutiere ich nicht uneingeschränkt …

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Lautenlieder von John Dowland … begleitet auf der Gitarre? Diese „Ersatzbesetzung“ hört man selten, die ursprüngliche mit siebenchöriger Laute in „Renaissance-Stimmung“ hat sich durchgesetzt. Wobei … Lautenlieder von Dowland sind mit Gitarrenbegleitung eigentlich nie wirklich populär gewesen. Als man begann, sich für diese Musik zu interessieren, gab es auch schon die ersten Musiker, die Laute spielten. In England bemühte sich eine Gruppe Musikbegeisterter im Dunstkreis von Arnold Dolmetsch (1858–1940) um „Alte Musik“, gespielt auf alten Instrumenten bzw. auf Nachbauten alter Instrumente, die in der Werkstatt von Dolmetsch in Haslemere Surrey/England angefertigt wurden. Die Tradition des Gesangs mit Lautenbegleitung wurde in England von Alfred Deller (1912–1979) weitergeführt und schließlich von Peter Pears (1910–1986) und Julian Bream (*1933). Und Dowland-Lieder mit Begleitung einer Gitarre? Kamen kaum vor!

Überwiegend sind Lautenlieder mit Männerstimmen dargeboten worden – meist Tenöre und Baritone. Es gibt ein paar Einspielungen von Frauen – beispielweise von Emma Kirkby – und doch: vornehmlich Männer!
Soprane müssen sich bei diesen Liedern enorm zurücknehmen, um die musikalische Szenerie nicht zu stark zu dominieren oder gar zu überblenden. Siphiwe McKenzie, der Sopranistin der heutigen Aufnahme, gelingt das gut, wenn auch nicht durchgehend. Hie und dort ertappe ich mich auch dabei, ausnahmsweise der Gitarre den Vorzug gegenüber der Laute zu geben, weil sie sich neben Siphiwes prächtig strahlender – allerdings doch eher opernhafter – Stimme besser durchzusetzen versteht.

Warum zwei Gitarren? Zwei Stück sind ins Programm aufgenommen worden, die im Original für zwei Lauten überliefert sind: „My Lord Chamberlain, His Galliard“ und „My Lord Willoughby’s Welcome Home“ – allein für sie waren also zwei Instrumente vonnöten … wäre nicht die Galliarde „an invention for two to play upon one lute“, darunter, ein einzigartiges Kuriosum, das Dowland in seinem „First Booke of Songes or Ayres“ von 1597 veröffentlicht hat: ein Stück für zwei Musiker, aber nur ein Instrument, eine Laute.

Es geht! Zwei Musiker können dieses Stück wirklich auf einer einzigen Laute aufführen! Ein Lautenist spielt dabei die höheren Töne in höheren Lagen – der andere entsprechend die tieferen. Beide sitzen hintereinander auf einem Stuhl – einer ganz hinten, der andere weit nach vorne.
Auf einer Gitarre kann man das Duo für zwei Musiker auf einem Instrument auch spielen – ob es aber Sinn macht, dieses aufführungspraktische Kabinettstückchen in Transkription zu spielen, will ich nicht entscheiden. Sicher ist es aber eine effektvolle Zugabe!
Diese CD mit Lautenliedern von Dowland goutiere ich nicht uneingeschränkt. Die Wahl der Instrumente wäre nicht meine gewesen, auch nicht die der Stimmlage der Solistin. Die beiden begleitenden Gitarristen, von denen einer, Riccardo Bini, die im Programm enthaltenen kleineren Solostücke spielt, der andere, Adriano Sebastiani, die Liedbegleitungen, beide natürlich außerdem die „Duos“, überzeugen mich auch nicht. Vor allem Binis eher schwerfälliges Spiel ist von der Leichtigkeit der ursprünglichen Lautenstücke unverzeihlich weit entfernt. Adriano Sebastiani war „nur“ als Begleiter der hier schon als „doch eher opernhaften“ Siphiwe McKenzie an der Produktion beteiligt. Insgesamt ist die Einspielung der Dowland-Lieder in der hier vorliegenden Fassung eher suboptimal!  Schade!