Giuliani pop

Mair Angela Sin palabras CDAngela Mair: Sin palabras
Werke von Giuliani, Pujol, Granados und Mertz
Aufgenommen 2016, erschienen ℗ 2017
Gitarre: Paco Santiago Marin
MA001 (mairecords)
… ungemein sympathisch! …

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Bravo, dies ist eine Debut-CD, in deren Covertext nicht vorgegeben wird, ihr Interpret/ihre Interpretin habe schon sämtliche Kontinente bespielt und ebendort auch schon die wichtigsten Wettbewerbe gewonnen. Angela Mair gibt auch nicht vor, sie habe bei allen Großmeistern der Branche studiert (gemeint sind dabei nämlich meistens nichts als Meisterkurse, bei denen die jeweiligen Debütanten die eine oder andere Unterrichtsstunde erhalten haben). Nein, Angela bringt ihre CD ohne Hochstapeln und ohne große Worte (sin palabras!) heraus … und nicht nur damit macht sie ihr Medien-Debüt so ungemein sympathisch!

 

Denn sie hat viel zu bieten! Angela Mair spielt virtuos und elegant, sie präsentiert das, was ihre musikalischen Mitbewerber gern schneller, aggressiver oder sportiver vortragen, mit Nonchalance und Gelassenheit … und genau das zeichnet ihr Spiel aus. Mit der „Rossiniane“ Nº 2 op. 120 von Mauro Giuliani (1781–1829) beginnt sie ihr Programm, mit einem Stück des Italieners, der die Wiener Gitarrenkultur begründet hat und nicht nur die. Mauro Giuliani war, als er 1806 nach Wien ging, um sich dort als Gitarrist und Komponist einen Namen zu machen, in seinem Heimatland Italien und in Frankreich durchaus erfolgreich – aber er war noch jung … gerade einmal zweiundzwanzig Jahre alt. Was er komponierte, waren allerdings alles andere als Jugendsünden –  mindestens im Vergleich zu dem, was sonst in Europa für Gitarre geschrieben wurde. Aber in Wien, der Stadt, die gerne für sich den Titel „Musikstadt“ in Anspruch nahm und nimmt, war Mauro Giuliani eine Sensation. Er führte die Gitarre als ein Instrument vor, auf dem man „ernsthafte“ Musik spielen konnte, die dem Zeitgeschmack entsprach. Und es war Musik, die auch im Bürgertum gespielt werden konnte. Man lernte, Gitarre zu spielen, die Musikverlage brachten immer mehr Gitarrenmusik heraus und die Gitarrenbauer fertigten immer mehr und immer bessere Instrumente.

Giuliani wurde in Wien berühmt, er befreundete sich mit Kollegen, auch mit solchen, die berühmt waren und mit der Gitarre ganz und gar nichts zu tun hatten: Beethoven zum Beispiel, aber auch Diabelli, Hummel und Moscheles. Und dann geriet er in Misskredit, weil er eine Liebesbeziehung zu einem Fräulein Wieselberger unterhielt und gleichzeitig „Weib und Kind in Triest oder Venedig“ „in großer Not darben ließ“, so jedenfalls heißt es in einem polizeilichen Bericht vom 9. September 1815. Giuliani verließ Wien bei Nacht und Nebel.

Im Programm folgen drei Stücke von Emilio Pujol („Guajira“, „Barcarolle“ und „Seguidilla“), die „Valses Poeticos“ von Granados und schließlich die Debüt-Klassiker „Tarantella“ und „Fantaisie Hongroise“ voin Mertz. Die Ungarische Fantasie ist dabei das Paradestück überhaupt aus der Kategorie „Maximale Wirkung bei minimalem Aufwand“. Und Angela Mair weiß wie’s geht! Sie überfordert sich nirgends, beherrscht die Musik … und überfordert dabei auch ihr Publikum nicht. Die Musik, die sie uns da anbietet, gehört schließlich zum Populärsten, das jemals für Gitarre komponiert oder für das Instrument transkribiert worden ist.

Die Debüt-CD von Angela Mair ist vielversprechend! Bei ihrer nächsten wird sie nun aber an das größere Repertoire herangehen müssen – sicher kein Problem für sie!