Giuliani pop

Weber Carl Maria von Complete SongsSchwandt Christoph Carl Maria von WeberCD: Carl Maria von Weber: Complete Songs for Voice and Guitar
Patrizia Cigna, Sopran; Adriano Sebastiani, Gitarre
Aufgenommen im Mai 2017, Gitarre: Antonio Scandurra, 2013, erschienen ℗ 2018
Gesangstexte unter: www.brilliantclassics.com
Brilliant Classics 95323

… respektable Einspielung …
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BUCH: Christoph Schwandt: Carl Maria von Weber in seiner Zeit. Eine Biografie. Mainz u.a. 2014, Schott Music, ISBN 978-3-7957-0820-7, € 35,–
… Wie deutsch ist Herr von Weber? …
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Drei Zyklen mit Liedern bekommen wir geboten: Opera 13, 25 und 29, dazu acht Einzellieder. Alle von Carl Maria von Weber. Der war selbst Gitarrist, die Gitarrenbegleitungen sind also (vermutlich) von ihm selbst. Wie weit er das Instrument beherrscht und geschätzt hat, können wir nicht sagen. An Solokompositionen jedenfalls ist nur wenig überliefert, die Begleitsätze zu den Liedern sind eher schlichterer Art. Die kammermusikalischen Werke lassen ahnen, dass Weber keine ausgesprochene Vorliebe für virtuoses Gitarrenspiel hatte.

 Adriano Sebastiani, der selbst den Booklet-Text verfasst hat, meint dazu, die meisten von Webers Gitarrenbegleitungen seien zwischen1809 und 1812 entstanden, als der Komponist bei Abbé Vogler studiert hat. Er hat damals viel Zeit mit Johann Gänsbacher (1778–1844) und Gottfried Weber (1779–1839) verbracht, die sich beide gern und oft mit der Gitarre befassten, deren Karrieren sich allerdings als nicht sehr nachhaltig herausstellen sollten. Johann Baptist Peter Joseph Gänsbacher steht zwar im oeml (Österreichischen Musiklexikon, Wien 2003, Band II, S. 537–538) allerdings ohne Angaben über Werke etc. Auch Josef Zuth (Handbuch der Laute und Gitarre, Wien 1926, S. 110) liefert Informationen über Gänsbacher, aber auch hier finden sich keine verlässlichen Angaben zu Werken u.ä. Moser (Gitarre-Musik. Ein Internationaler Katalog, Hamburg 1985, S. 485) verzeichnet als einziges Werk von Gänsbacher eine Serenade für Flöte, Violine, Viola und Gitarre op. 12 und für diese Komposition sogar eine moderne Ausgabe (von Matthias Henke bei Zimmermann, ZM 2248).

Im Booklet gelistet sind die präzisen bibliographischen Daten der verwendeten Quellen, Beispiel:

Fünf Gesänge mit Begleitung der Guitare | und ein Canon zu drei Stimmen | componiert | und ???? seinem Freund | Herrn August Hoffmann | … gewidmet von Carl Maria von Weber | Opus 13 | Augsburg, in der Gombartschen Musikhandlung

Das ist allerdings – bei allem Respekt – nur die halbe Wahrheit! Der Herausgeber hat ganz offenbar die originale Quelle nie gesehen, denn warum sonst hätte er für das Entstehungsjahr die Wildcard „????“ verwenden müssen? Von Webers „Divertimento op. 38“ für Gitarre und Klavier gibt es inzwischen mindestens zwei moderne Ausgaben, eine davon bei Schott (ISMN 979-0001201506), eine andere bei der Wiener UE (ISMN 979-0008006616), praktische Ausgaben der Lieder fehlen bisher.

Immerhin liegt nun mit der CD von Patrizia Cigna und Adriano Sebastiani eine respektable Einspielung sämtlicher Lieder für Gesang und Gitarre von Carl Maria von Weber vor. Patrizia singt für meinen Geschmack etwas zu reichhaltig, mit etwas zu viel Stimme … aber das richtige Maß zu finden, ist schwierig, zumal es von einem Lied zum nächsten dramatisch wechseln kann. Natürlich geht es um Textverständlichkeit und um Textdeutung und gerade da haben es italienische oder spanische Sängerinnen und Sänger oft schwer, wenn es um deutsche Texte geht. Und wir, die deutschen Zuhörerinnen und Zuhörer, sind oft mehr als kritisch, wenn es um unsere Sprache in gesungenen Form geht. Gesprochen hält sie fast alles aus, diese Sprache, das haben unsere Eltern und Großeltern vor – sagen wir – siebzig Jahren lernen müssen und das versuchen uns „alternative Politiker“ jetzt schon wieder beizubringen. Aber es wird nicht gehen, das verspreche ich!

Adriano Sebastiani spielt eine moderne Gitarre (von Antonio Scandurra) und er tut das sehr sensibel und zurückhaltend. Und überhaupt: Die Weber-CD, die ich Ihnen empfehlen möchte, ist ein Vergnügen, das Sie sich gönnen sollten!

Zu Christoph Schwandts Buch über Carl Maria von Weber hat Jürgen Flimm ein Vorwort mit dem Titel „Wie deutsch ist Herr von Weber“ geschrieben. Wie kommt er dazu? Wissen wir nicht, dass Weber am 18. (oder 19.) November 1786 in Eutin geboren wurde … und dass Eutin in Deutschland liegt? Außerdem hat Richard Wagner 1844 gesagt, es gebe keinen deutscheren Musiker als Weber … schreibt Flimm!

Einen Satz später lesen wir, Wagners Satz sei „der laustarke Beginn eines nachhaltigen Missverstehens nicht nur der »deutschen« Romantik“ gewesen, „sondern auch dieses Künstlers [nämlich Weber], der gewiss ein Deutscher war, wie man es zu seiner eigenen Zeit verstand, aber kein Nationalist. Man kannte keine Staatsangehörigkeit und keinen Nationalstaat Man war Untertan des Herrschers eines oft winzig kleinen Ländchens, und Deutschland lag dort, wo Menschen Deutsch sprachen, auch an Orten, wo viele eine andere Muttersprache hatten.“

Aber für die deutsche romantische Oper soll Weber „verantwortlich“ gewesen sein. Am 18. Juni 1821 wurde am Berliner Gendarmenmarkt sein „Freischütz“ zum ersten Mal gegeben, die „romantische Oper“ schlechthin … heißt es.

Christoph Schwandts Buch über Weber sollte man lesen … weil es nicht nur alles bietet, was man über den Komponisten wissen will und sollte, sondern, weil es nicht nur informiert, sondern auch in hohem Maß unterhält. Eine umfangreiche Rezension des Buches von Christoph Schwandt wird bald in https://www.PeterPaeffgen.com erscheinen. Am Heiligen Abend des Jahres 2015 (24.12.2015) ist Christoph Schwandt in Würzburg im Alter von 59 Jahren verstorben.