Giuliani pop

Petrucci Intavolature di Liuto CDMarco Dall’Aquila: La Battaglia
Sandro Volta, Renaissance-Laute
Zweiter Lautenist bei zwei Stücken „a due liuti“: Fabio Refrigeri
Aufgenommen 2015, erschienen 2016
6-chörige Laute: Ivo Margherini
BRILLIANT CLASSICS 95261

Marco Dall’Aquila: Music for Lute
Sandro Volta
Aufgenommen im April 2013, erschienen 2014
Laute: Ivo Margherini
BRILLIANT CLASSICS 94805

Petrucci: Intavolature di Liuto
Spinacino, Dalza, Bossinensis
Sandro Volta, Renaissance-Laute
Aufgenommen im Januar 2017
BRILLIANT CLASSICS 95262
… Er spielt „geradeaus“, ohne große Extravaganzen …

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Dall Aquila 2 VOLTADall Aquila 1 VOLTAOttaviano Petrucci war Drucker und Verleger in Venedig. Er war der Erste überhaupt, von dem uns Lautentabulaturen und Werke in Mensuralnotation – mit beweglichen Lettern gedruckt – überliefert sind. Speziell für Lautentabulaturen hatte er ein „privilegio“, eine Art Patent, das er 1498 bei der „Serenissima Signoria“, der höchsten juristischen Instanz Venedigs, beantragt und noch im gleichen Jahr erhalten hatte: „Cum privilegio invictissimi Dominii Venetiarum quod nullus possit imprimere intabulaturam lauti. ut in suo privilegio continent“. Außer ihm durfte also (mindestens in der Republik Venedig) niemand Lautentabulaturen drucken.

Schon vorher hatte Petrucci ein Privileg für den Druck von Ausgaben in Mensuralnotation (cantus figuratus) erhalten, danach hat er mehrere Auflagen der wichtigen Quelle „Harmonice Musices ODHECATON“ herausgebracht. Was Petruccis Lautentabulaturen angeht, sind drei Lautenisten als Komponisten und Herausgeber zu nennen: Francisco Spinacino (zwei Bücher, beide 1507), Joan Ambrosio Dalza (ein Buch, 1508) und Franciscus Bossinensis (zwei Bücher, 1509 und 1511). Die Bücher von Bossinensis enthalten nur zum Teil solistische Lautenstücke (in beiden Bänden Ricercari), und überwiegend Gesänge mit Lautenbegleitung (Mensuralnotation und Tabulatur). 1508 soll außerdem das Lautenbuch eines gewissen „Giovan Maria“ erschienen sein, von dem allerdings kein einziges Exemplar überliefert ist. Das einzige im Besitz der Biblioteca Colombina  in Sevilla gilt als verschollen.

 

Die Lautenmusik, die Ottaviano Petrucci vor über fünfhundert Jahren veröffentlicht hat, war für ihre Zeit revolutionär. Sie war nämlich immer weitergehend polyphon, was mit der „alten Spieltechnik“ nicht möglich gewesen war. Erst kurz vor der Jahrhundertwende hatten die Lautenspieler ihre Anschlagstechnik umgestellt. Sie hatten Plektra abgeschafft und den Anschlag mit Fingerkuppen eingeführt. Mit Plektrum kann man nur einzelne oder mehrere nebeneinander liegende Saiten oder Saitenpaare durchstreichen und Stimmen nicht völlig unabhängig voneinander anschlagen. Das hat die „neue Technik“ möglich gemacht und man wird, wenn man die Lautenmusik des 16. Jahrhunderts verfolgt, rasch hören können, welche Entwicklung die Musik genommen hat. Man bedenke bitte, dass der „göttliche“ Francesco da Milano, der für sein polyphones Spiel berühmt war, gerade einmal dreißig Jahren nach Spinacino seine große Zeit hatte.

Sandro Volta hat sich immer mehr zum Spezialisten für Lautenmusik des 16. Jahrhunderts entwickelt. Er spielt „geradeaus“, ohne große Extravaganzen wie beispielsweise üppige Verzierungen, Diminutionen oder größere Varianten, was Tempo, Klangfarben oder Arpeggien angeht. Nein, da geht Sandro Volta keine Risiken ein, da bleibt er bei dem, was er in den Tabulaturen findet … dabei wissen wir natürlich nicht, wie Spinacino, Dalza, Bossinensis und ihre Landsleute Laute gespielt haben. Vielleicht war das, was sie da in den Tabulaturen gefunden haben, für sie nichts anderes als eine Improvisationsvorlage. Immerhin haben Lautenisten lange völlig ohne Aufzeichnungen auskommen müssen. Und doch, Sandro Voltas Aufnahmen sind ein Vergnügen! Sie provozieren keine Konflikte, sie brigen niemanden zum Diskutieren.