Nicola Montella: Sonata
Werke von Paganini, Llobet, Coste, Ginastera, Scarlatti
Aufgenommen im Juni 2015 und Juni 2016
Gitarren: Alessandro Marseglia (2013) und Paco Santiago Marín (2016)
dot.Guitar G 1503
… Und doch gilt dieser Debüt-CD unsere Gratulation! …
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Sonaten werden gespielt – Kantaten werden gesungen! Nach dieser schlichten Formel (abgeleitet von lat. „sonare“ und „cantare“) unterschieden sich die beiden musikalischen Genres – aber so einfach sollte es nicht bleiben. Als sich nämlich das Generalbasszeitalter seinem Ende zuneigte und die Musiker auf das hinarbeiteten, was wir heute mit „Klassik“ bezeichnen, kristallisierte sich eine musikalische Form heraus, die ziemlich lange in der Instrumentalmusik beherrschend bleiben sollte und auch sie wurde „Sonate“ genannt. Die zyklische klassische Sonatenform ist gemeint, die sich in veränderter Form in der Sinfonie wiederfindet und schließlich auch im klassischen Solokonzert.
Nicola Montella hat Sonaten unterschiedlichster Prägung für seine Debüt-CD zusammengestellt und beginnt mit einer von Niccolò Paganini, die Manuel Barrueco 1980, zu einer Zeit also, als es noch keine CDs gab, aufgenommen hat. Sie ist (nicht zeitlich, aber formal) noch weit entfernt von der klassischen Sonate aber Maestro Paganini, der Jahrhundertgeiger, hat es auch hier verstanden, Violine und Gitarre (für diese beiden Instrumente ist die Sonate ursprünglich geschrieben) auf blendende Art in Szene zu setzen. Nicola Montella spielt Barruecos Transkription des Stücks für Gitarre solo.
Die zweite Sonate der CD ist ein eigenartiges Stück! Es ist nämlich eigentlich ein Thema mit Variationen: „Variaciones sobre un tema de Fernando Sor“ von Miguel Llobet und geht zurück auf Sors op. 15(b): „LES FOLIES D’ESPAGNE/VARIÉES./ET UN MENUET“, nimmt sogar Thema und zwei Variationen von Sor auf, um dann in der von Llobet gewohnten virtuosen und post-neo-romantischen Diktion weitergeführt zu werden.
Dann Napoléon Coste: Aus den „25 Études de Genre“ op 38 hören wir die Nummern 7, 14 und 24, später dann noch „Le Départ – Fantaisie dramatique“ op. 31 … aber dazwischen Alberto Ginasteras „Sonata for Guitar“ op. 47, die „wirkliche große Sonate“, die von dem Brasilianer Carlos Barbosa Lima in Auftrag gegeben, eingerichtet und uraufgeführt worden ist. Eines der großen Gitarrenwerke des 20. Jahrhunderts“! Es ist dies eine Komposition, in der man Ginasteras Heimat Argentinien durchgehend hört, aber auf eine irgendwie diskretere Art, als bei Landsleuten. Eduardo Falú (1923–2013) hat einmal gesagt, er meine, man könne Folklore komponieren … und eben das hat Ginastera nicht versucht! Man hört in den vier Sätzen seiner Sonate immer wieder argentinische Tanzrhythmen – aber bitte: Das ist weit entfernt von Carlos Gardel oder auch von Astor Piazzolla!
Nicola Montella gibt noch zwei Scarlatti-Sonaten und schließlich eine weitere von Niccolò Paganini – und er tut das mit Bravour, hoher Konzentration und fein ausgewogener Technik … wenngleich auch mit spitzem Ton und eher gebremstem Klangvolumen. Da ist vielleicht die angewandte Aufnahmetechnik verantwortlich, aber eher ist es das rasche Überfliegen von Nuancen und korrespondierenden Linien, das mir auffällt. Da fehlt etwas Gelassenheit und Distanz. Und doch gilt dieser Debüt-CD unsere Gratulation!