Giuliani pop

Jakob Bangsoe Maestro Series CDFirst Prize Winner: Guitar Festival Nordhorn, Competition 2014
Jakob Bangsø

Werke von Rodrigo, Sergio Assad, Ginastera, Kruisbrink
Aufgenommen im Oktober und Dezember 2015, erschienen 2016
Gitarre: Boguslaw Teryks
SAMSONG Productions SAMCD 035
… eine Debüt-CD gelungen, die wirklich vielversprechend ist …

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Jakob Bangsø wurde 1988 in Hjørring in Dänemark geboren. 2007 hat er ein Studium bei Frederik Munk Larsen an der Königlichen Musikakademie in Aarhus begonnen, das er schließlich bei Roberto Aussel in Köln weitergeführt hat. An verschiedenen europäischen Wettbewerben hat er teilgenommen, mehrere hat er gewonnen, darunter den von Nordhorn im Jahr 2014.

Das Programm seiner Preis-CD enthält die „Tres Piezas Españolas“ von Joaquín Rodrigo, von denen ihm der „Fandango“ am ehesten liegt – meint man jedenfalls! Jakob Bangsø hat nämlich einen ausgeprägten Hang zu Virtuosem, liebt ganz offenkundig Tempo und das Demonstrieren seiner – zugegeben – fein entwickelten Spieltechnik. Aber um sie vorzuführen, dafür hätte auch der abschließende „Zapateado“ von Rodrigo genug Material bereitgestellt und auch die Passacaglia, die dazu noch Ausblicke in andere musikalische Welten erlaubt.

Auch drei Stücke hat Sérgio Assad hinzugesteuert, drei Stücke, die Virtuosität verlangen … aber anders! Sérgios „Divertimento“ spielt eher mit Klängen, als mit sportiven Aktionen. Zwischendurch swingt es brasilianisch, wird’s lyrisch, träumerisch und dann: „Preludio e toccatina“ beendet das Stück mit einer stürmischen Stretta … ganz nach dem Geschmack des gern jugendlich bravourös spielenden Interpreten.

Und dann die mächtige Sonate op. 47 von Alberto Ginastera, die nichts Virtuoses im herkömmlichen Sinn von seinen Interpreten verlangt. Ginastera war kein Gitarrist und seine Sonate ist das einzige Stück, das er für das Instrument geschrieben hat. Carlos Barbosa Lima hat die Sonata zwar für Gitarre eingerichtet, er hat sie aber, wie er mir versichert hat, nicht verbiegen wollen, wie Segovia das mit Stücken getan hat, die für ihn geschrieben worden sind, sich dann aber als – aus seiner Sicht – nicht gitarrentauglich herausstellten. Heute kommen immer wieder revidierte Ausgaben von Stücken des „Segovia-Repertoires“ heraus, weil die vorhandenen zu viele eigenmächtige Änderungen seitens des weltberühmten Widmungsträgers enthalten.

Jakob Bangsø spielt dieses mächtige und wichtige Werk, das erst auf den zweiten Blick Gitarrenzüge trägt, so, wie es ist: Er spielt es als Stück, das erst durch seinen Interpreten Gitarrenzüge bekommt! Ginastera war Argentinier und natürlich klangen in seiner Musik Chacarera und Zamba mit … auch, wenn niemand danach tanzen konnte und sollte. Jakob Bangsø ist Däne und ihm sind Chacarera und Zamba nicht an seiner Wiege vorgesungen und -getanzt worden … aber als Gitarrist musste er sie sich erarbeiten. Die Sonate von Ginastera und Stücke anderer argentinischer Komponisten gehören für Gitarristen zum Standard-Repertoire, aber Bangsø ist kein Che und hat diese Musik nicht mit der Muttermilch zu sich genommen, er hat sie erst lernen müssen.

Am Schluss steht eine weitere Toccata (geschrieben 2014) und zwar von Anette Kruisbrink, geschrieben als Widmungskomposition für den Gewinner des Wettbewerbs in Nordhorn, den Jakob Bangsø für sich verbuchen konnte. Annette Kruisbrink ist eine sehr aktive und produktive Komponistin für Gitarre und sie ist selbst Gitarristin, schreibt also „instrumentengerecht“. Und doch: Ihre „Toccata“ ist kein Gitarrenstück in dem Sinn, dass es aus dem reichhaltig vorhandenen Repertoire schöpft – nicht plagiierend, aber doch hie und dort von schon einmal gefassten Ideen profitierend oder allein die allzu bekannten Gegebenheiten des Griffbretts nutzend. Nein, Annette Kruisbrink ist mehr Komponistin als Gitarristin und wenn man genauer hinschaut (auf ihrer Homepage zum Beispiel) sieht man auch, dass sie etliche Stücke komponiert hat, in denen die Gitarre keine Rolle spielt … wohl aber das Klavier. Kruisbrinks Toccata von immerhin fünfeinhalb Minuten Dauer ist eine frei umherfantaisierende Komposition, die einerseits Machtworte nicht scheut – andererseits ins Träumen gerät und kurz darauf fast abhebt vor spielerischem und gespieltem Selbstbewusstsein. Sprunghaft … und sehr überzeugend!

Jakob Bangsø ist eine Debüt-CD gelungen, die wirklich vielversprechend ist. Vielleicht sonnt er sich etwas zu intensiv im Bewusstsein seiner spieltechnischen Fertigkeiten, vielleicht überfliegt er auch das eine oder andere Detail, das ein Verweilen gelohnt hätte. Aber er ist in der Lage, das zu realisieren, was er sich musikalisch vorstellt … was mich gespannt Jakobs nächste CD erwarten lässt!

Die CD übrigens vom Label Samsong ist scheinbar so etwas wie eine POD-CD (Publishing on Demand), die in sehr kleinen Auflagen angefertigt werden können. Da ist an allem gespart worden, worauf man verzichten kann. Am Booklet zum Beispiel, am Vierfarbendruck, an der Versiegelung usw. An Aufnahme- und Pressqualität ist nicht gespart worden … und das könnte ja ein Weg für Künstler und Kleinstlabels sein. Aber wer weiß, wie lange es noch CDs gibt?