Raquel Andueza, La Galanía
Yo soy la locura 2
Kompositionen von Gaspar Sanz, Lucas Ruiz de Ribayaz, Juan Hildalgo u.a.
Aufgenommen im April 2014, erschienen 2015
animaecorpo AEC005, im Vertrieb von Note-1
… Daraus wird schließlich eine mehr als kurzweilige Diskussion, die zu unser aller Freude von Ensemble und Solisten arrangiert, instrumentiert und schließlich gesungen und gespielt wird …
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Von einem Programm mit dem Titel „Yo soy la locura“ war hier schon die Rede. Der WDR hatte am 26. Oktober 2012 Raquel Andueza und ihr Ensemble La Galanía zu einem Konzert in den Kleinen Sendesaal am Kölner Wallrafplatz eingeladen. Ich habe über das Ereignis, das am 24. November 2012 in WDR-3 gesendet wurde, am 23. November in Gitarre & Laute-ONLINE berichtet.
Meine abschließende Bemerkung in Gitarre & Laute-ONLINE war: „Dies war ein außerordentlich anregender Konzertabend, dem das Motto „Yo soy la locura“ mitgegeben worden war, Titel einer spanischen Aria, die Pierre Ballard 1614 in Paris herausgegeben hat. Sie war dann auch der erste Programmpunkt des Abends, mit ihr stellte Raquel Andueza sich vor: „Ich bin die Wahnsinnige!“. In der Zwischenzeit sind zwei CDs mit eben diesem Titel herausgekommen und ich ertappe mich dabei, beim Schildern meiner Eindrücke auf ähnliche Superlative zu verfallen, wie ich sie nach dem Konzert notiert habe:
„Raquel Andueza ist eine Große der Alten Musik, eine Sängerin, die sich vornehm zurücknimmt und ihre Musik doch ebenso strahlend wie wortgewaltig herüberbringt“
„Pierre Pitzls Vortrag hat demonstriert, dass viele Gitarristen, die heute glauben, die Musik von Sanz und Guerau oder auch von de Visée oder Roncalli auf modernen Gitarren angemessen darstellen zu können, ihrem Publikum etwas Wesentliches vorenthalten: elegante Leichtigkeit, rauschende Klanglichkeit und schließlich virtuosen Zauber, der nichts Zirzensisches oder Sportives hat“;
„Und Jesús Fernández Baena, der Theorbist? Natürlich lieferte er für fast alle Programmpunkte das musikalische Fundament. […] Aber er gab auch eine ‚Toccata arpeggiata’ von Giovanni Girolamo (oder Johann Hieronymus) Kapsberger, dem ‚Nobile Alemano’ oder dem ‚Tedesco della Tiorba’. Dieses Stück ist ein Beispiel für Kapsbergers hohe instrumentale Kunst, für seinen Mut und sein innovatives Denken, was rhythmische und harmonische Verläufe angeht … Baena präsentierte diese Toccata als großes, weites Stück Musik; als elegante und gleichzeitig provozierende Komposition … so jedenfalls mussten Kapsbergers Zeitgenossen auf das Stück reagieren. Und sein Publikum waren nicht die Leute auf der Straße, sein Publikum waren Adel und Klerus.“
Raquel Andueza und das Ensemble La Galanía haben es wieder einmal geschafft, mich für sie und ihr Musizieren einzunehmen. Gut, ich gebe zu, dass einem beim Hören dieser Musik immer wieder Komponenten begegnen, die man kennt, oder die einem, sagen wir, bekannt vorkommen. Gemeint sind beispielsweise ostinate Tanzformen oder auch Tanzmelodien, Lieder und Seguidillas die im Spanien des 17. Jahrhunderts förmlich jeder benutzte und die heute immer wieder in Programmen vorkommen.
Und wenn dem so ist – wie haben sich dann die Interpretationen unterschieden und wie unterscheiden sie sich heute? Wenn man in Tabulaturbücher von Sanz oder Guerau schaut, findet man Españoletas oder Zarabandas, wie sie auch von La Galanía dargeboten werden. Aber dort, in den Tabulaturbüchern, nehmen die Tänze gerade mal eine oder höchstens zwei Zeilen ein. Den Rest haben die Musiker hinzuimprovisiert, das war gängige Praxis. Aufgeschrieben wurden ein paar Themen – alles Weitere kam von den ausübenden Musikern. Solche Aufführungspraktiken sind „modernen Gitarristen“ und überhaupt den meisten Instrumentalisten heute völlig fremd. Gespielt wird, was in den Noten steht und nur das!
Die Musiker von La Galanía kommen dem, was sie da in den Quellen gefunden haben, näher. Sie geben sich nicht mit den musikalischen Skizzen zufrieden, sondern ergänzen sie zu lebendiger Musik. Und wie viel Leben einige der Stücke ausstrahlen, darauf deuten beispielsweise Texte von Seguidillas hin. Sie transportierten manchmal höchst weltliche Themen, für die als Beispiel die „Seguidillas de la venta“ gelten mögen, in denen ein Wanderer ihn einem Gasthaus ein Zimmer buchen will und dazu eine „moza“, eine Bettgefährtin, eine Prostituierte:
En llegando a la venta,
dije al ventero
que me diese una moza
por mi dinero
Y el ventero responde
casi enojado:
„Tome moza y cama
por un ducado“.
Das Feilschen zwischen Wanderer und Gastwirt geht weiter, auch musikalisch! Daraus wird schließlich eine mehr als kurzweilige Diskussion, die zu unser aller Freude von Ensemble und Solisten arrangiert, instrumentiert und schließlich gesungen und gespielt wird. Wollen Sie ihr lauschen? Texte liegen in drei Sprachen bei!
Raquel Andueza, La Galanía
Yo soy la locura
Kompositionen von Henry de Bailly, José Marín, Benedetto Sanseverino, Lucas Ruiz de Ribayaz u.a.
Aufgenommen im September 2010
animaecorpo AEC001, im Vertrieb von Note-1