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Quatuor Eclisses Invitation Francaise CDQuatuor Eclisses: Invitation Française
Werke von Saint-Saëns, Debussy, Fauré, Ravel und Bizet
Aufgenommen im August 2014, erschienen 2015
AD VITAM RECORDS AV150715
… Die Einladung dieses Ensembles sollten Sie jedenfalls annehmen! …

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Die fünf an diesem Programm beteiligten Komponisten entstammen einer Generation:

Saint-Saëns (1835–1921): „Danse Macabre“ von 1875
Bizet (1838–1875): Auszüge aus „Carmen“ von 1875
Fauré (1845–1924): „Barcarolle Nº 1“von 1880
Debussy (1862–1918): „Suite Bergamasque“von 1890
Ravel (1875–1937): „Alborada del gracioso“ von 1905

Sie alle sind entweder in Paris geboren oder haben lange dort gelebt und gearbeitet. Paris war zu ihrer Zeit die kulturelle Hauptstadt Europas, hier wurde man Zeuge großer Umwälzungen und Entdeckungen, hier wurde die Moderne geboren.

Der Name Maurice Ravels steht auf dem Programm ganz oben. Von ihm wird gegeben: „Alborada del gracioso“ („Morgenlied des Narren“) aus dem Zyklus „Miroirs“ („Spiegel“), das Ravel 1919 wie den Satz „Une barque sur l’ocean“ („Eine Barke auf dem Ozean“) zusätzlich zur originalen Klavierversion orchestriert hat. In dieser Fassung ist „Alborada del gracioso“ schließlich berühmt geworden und heute noch ein beliebtes Repertoirewerk. Die ursprüngliche Version für Klavier ist spieltechnisch außerordentlich anspruchsvoll und war vielleicht daher nicht nachhaltig erfolgreich. Bei YouTube kann man eine Aufnahme des Stücks mit dem West-Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim hören (London, Proms, 2014) und sich von der Wirkung des Werks überzeugen. Diese Aufnahme hat heute eine nicht vorhergesehene Aktualität, die ich erwähnen möchte. Das Orchester besteht nämlich aus jungen Israelis, Palästinensern und Arabern und wirbt nicht nur für die wunderbare Musik, die es macht, sondern auch für den bedingungslosen und unbelasteten Umgang, den man miteinander pflegt. Chapeau! Ich habe Barenboim mit dem Orchester vor einigen Monaten in der Kölner Philharmonie gehört und dort gab es Beethoven – es war nicht nur eine wunderbare Begegnung auf menschlicher Ebene, es war ansteckend vitale Musik wie auch in der Aufnahme von „Alborada del gracioso“.

YouTube: Ravel, Alborada del gracioso, West-Eastern Divan Orchestra, Proms, London 2014

Das Quatuor Eclisses spielt weiter die „Suite Bergamasque“ von Claude Debussy … die ganze Suite in vier Sätzen und nicht nur „Clair de Lune“, wie das oft zu hören ist. Mit der musikalischen Diktion hat Debussy hier seinen eigenen Weg zum Impressionismus vorgezeichnet. Man hört die Fünf- oder Sechstonzusammenhänge, die in ihrer Ungebundenheit und harmonischen Ziellosigkeit den impressionistischen Klang von beispielsweise dem „Prélude à l’après-midi d’un faune“ von Debussy schon ahnen lassen. Dieses Prélude sollte ein Schlüssel zu dem neuen Stil werden, den letztendlich Claude Debussy kreierte, und der viele kompositorische Nachfolger und auch Nachahmer fand.

„Danse Macabre“ von Camille Saint-Saëns ist ein Totentanz (=frz. „danse macabre“), für Gesang und Klavier, den der Komponist gleich für mehrere Besetzungen arrangiert hat … und nach ihm mehrere andere, unter ihnen Franz Liszt. Aber die Version als Symphonische Dichtung von Saint-Saëns selbst war es, die um die Welt ging.

Die „Danse macabre“ ist das einzige Stück des Programms des Quatuor Eclisses, das in der Bearbeitung für vier Gitarren nicht gewinnt … schon die Solo-Violine am Anfang, („Mouvement modéré de Valse“), die die Gesangsstimme übernimmt, fehlt mir als Zuhörer. Dafür kommen die Gitarren mit ihrem angeborenen Staccato in stark akzentuierten Passagen sehr gut zur Geltung.

Dann kommt die Carmen-Suite, die immer wieder von Gitarrenquartetten gespielt und vom Publikum geliebt wird. Der Franzose Georges Bizet, diese Vermutung sei hier erlaubt, hätte garantiert Gitarren als spanische Farbe besetzt, wenn er sie zur Verfügung gehabt hätte. Hier nun sind wieder einmal Auszüge aus seiner Opernpartitur zu hören – nur mit Gitarren … und nur Spaß!

Mit einer „Barcarolle“ von Gabriel Fauré schließen die Musiker ihr Programm – einer von dreizehn, die der Komponist geschrieben hat. Das Wort „Barcarolle“ nimmt Bezug auf eine venezianische Gondel („barcaruoala“) und den singenden Gondoliere, der sie durch die Lagunenstadt lenkt. Fauré hatte offenbar eine geheime (oder ganz offene) Liebe zu Venedig, der Stadt, die er romantisierte und verehrte. Seine „Barcarolle“ (Nº 1) jedenfalls zeigt Fauré, den Schüler von Camille Saint-Saëns und Lehrer von Maurice Ravel, als einen Komponisten, der noch sehr den romantischen Vorbildern verpflichtet war … dabei hätten impressionistische Farben zu seinen Visionen von Venedig und zu den Stimmungen, die er festhalten wollte, so gut gepasst!

Das Quatuor Eclisses, bestehend aus Gabriel Bianco, Arkaïtz Chambonnet, Pierre Lelièvre und Benjamin Valette, ist kein Wunder an Gleichklang und Präzision, es präsentiert uns aber ein ausgesuchtes Programm französischer Musik in all ihren Farben und Schattierungen. Die Einladung dieses Ensembles sollten Sie jedenfalls annehmen!