Giuliani pop

Cantar de Amor CDCantar de Amor: Juan Hidalgo and 17th Century Spain
Juan Sancho, Tenor
Accademia del Piacere, Fahmi Alqhai
Aufgenommen im Januar 2015
GLOSSA GCD P 33204, im Vertrieb von Note 1
… zweifellos etwas Besonderes …

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Juan Hidalgo (1614–1685) war für die Musik am spanischen Hof im 17. Jahrhundert eine wichtige, wenn nicht gar dominante Person. Er war Madrilene und wurde schon 1631, Harfenist und Cembalist am Königlichen Hof in seiner Heimatstadt … ein Posten, den er zeit seines Lebens innehaben sollte. Zur gleichen Zeit standen auch Musiker wie Cristobál Galán, Juan del Vado und José Marín im Dienst des spanischen Königs – aber Hidalgo, heißt es, war der am höchsten geschätzte.

Zusammen mit dem Dichter Pedro Calderón (1600–1681) verfolgte Hidalgo das Ziel, eine spanische Operntradition zu gründen und zu verfolgen – es ist den beiden Künstlern nicht gelungen. Ihre Zusammenarbeit brachte zwar zahlreiche musikalische Bühnenwerke hervor, aber keines davon traf den Geschmack des spanischen Publikums … das sich nicht damit anfreunden konnte, dass die komplette Handlung einer Oper gesungen und nicht (mindestens teilweise) gesprochen wird. Zwei (erfolglose) Opern entstanden und schließlich Zarzuelas, deren Handlung weitgehend rezitativisch vorgetragen wurde.

 

Das Programm der CD „Cantar de Amor“ besteht aus Tonos, Villancicos und, zwischendurch, aus Instrumentalsätzen von Komponisten wie Andrea Falcionieri, Francsico Guerau oder Gaspar Sanz, die in Gitarristen- und Lautenistenkreisen bekannt sein dürften. Der Tenor Juan Sancho singt textdienlich und sehr gut verständlich … aber, gut, es ist seine Muttersprache oder, sagen wir, der etwas antiquierte Status seiner Muttersprache! Aber er ist auf CD auch in Matthäus- und Johannespassion von Johann Sebastian Bach zu hören und die stehen bekanntlich nicht in seiner Muttersprache. Dass Deutsch für ihn eine Fremdsprache ist, bleibt nicht verborgen, aber seine makellos klare, hell timbrierte Stimme und die fein durchdachten Interpretationen lassen das rasch vergessen. Denn auf Spanisch ist vieles, was er singt, einfach kulinarisch! Man höre beispielsweise „No piense Menguilla ya“ von José María (#2). Es ist der Umgang mit Verzierungen, mit Trillern und dem kleinen Lachen, der die gesungene Sprache hier so verständlich macht … selbst, wenn man sie nicht versteht.

Sind Liebeslieder nicht immer erfüllt von freudigen und von tief traurigen Gefühlsäußerungen. Dieses Zeilenpaar:

Oh, qué lindo modo
para que la dejen unos por otros
.“

ist eine Art Punchline, ein Refrain oder „die Moral von der Geschicht‘“ … und diese Moral ist eine traurige. Fast ein Choral, der da Strophen voneinander trennt. Eine absteigende Melodielinie – parallel begleitet nur von einer Bassgambe. Verzweiflung! Und dann, in „Rompa el aire en suspiro“ jubiliert unser Protagonist. Pure Freude bleibt da niemandem verborgen!

Ich habe Juan Sancho aber auch schon in der Matthäus-Passion gehört und da hat er – wie wir wissen und unverkennbar – nicht seine Muttersprache gesungen. Und dann, in dem hinreißend schönen „Romerico Florido“ von Hidalgo brilliert er. Er tiriliert und frohlockt.

Das Instrumentalensemble wird betont von Gamben, dann Barockgitarre, Theorbe und Cembalo und schließlich von Pedro Esteban, dem diskreten Perkussionisten, der hier schon zu Gast gewesen ist.

Das Programm, das hier von der Accademia del Piacere, unter Fahmi Alqhai vor uns, den Zuhörern, ausgebreitet wird, ist nicht wirklich etwas Brandneues. Solche „Potpourris“ sind seit einiger Zeit populär geworden aber in seiner Qualität und Dichte ist es zweifellos etwas Besonderes … geprägt von Temperamentsausbrüchen und tieftraurigen Klageliedern, von virtuosen instrumentalen Intermezzi und von vielsaitiger Gitarrenmusik.

Den Namen Juan Hidalgo sollten wir uns merken … wenn wir er nicht ohnehin ständig mit ihm umgehen. Die Handvoll Quellen an spanischer Gitarrenmusik dieser Zeit überliefert uns nur einen kleinen Teil der Musik, die uns aus dieser Zeit zur Verfügung steht. Die meiste Musik ist ohnehin Vokalmusik gewesen, für die Instrumente höchstens begleitend zur Seite gestanden haben. Und diese Begleitungen sind nie aufgeschrieben und schon gar nicht gedruckt worden.