Giuliani pop

MS Milleran fol 2 neu KopieLes Accord Nouveaux III: François Dufaut
Sigrun Richter, Laute
Aufgenommen im September 2013, erschienen 2015
Lauten: Nico van der Waals
ambitus amb 96956, im Vertrieb von Klassik Center, Kassel
… eine insgesamt überzeugende Dufaut-Darstellung …


CD bei Amazon kaufen?

CD Richter DufautAbbildung oben: Fol. 2 aus dem Livre de Lut de M. Milleran [F-Pc (in Pn) Rés. 823]. Hier heißt es: RECUEIL | DES PLUS BELLES PIECES DE LUT | Des meilleurs maitres, sur les 14 modes de la musique […] LES PRINCIPAUX DES MAITRES SONT | L’Ilustre Mr mouton mon maitre […] Messrs Gallots les deux frères […] Mr. Du faux

François Dufaut wird im „Livre de Lut de M. Milleran“ (Paris, Bibliothèque du Conservatoire, [F-Pc (inPn) Rés. 823] als einer der „meilleurs maîtres de luth“ erwähnt (s. Abbildung) – direkt nach Mouton, den Gautiers und Gallots. Baron lobt ihn (wenn auch mit krtitischen Anmerkungen), Le Sage de Richée und Mary Burwell … dabei sind uns leider nur recht wenige Lautenstücke aus seiner Feder überliefert. Ein paar mehr als achtzig sind es und die liegen uns in einer Neuausgabe mit Tabulatur und Übertragung von Monique Rollin vor (Paris, RISM, 1965): Préludes, Allemanden, Couranten, Sarabanden, und Giguen, dazu eine Recherche, ein Point d’orgue, zwei Gavotten, zwei Pavanen, zwei Tomebaux, zwei Sauterelles und zwei intabulierte Airs (siehe Monique Rollin, Art. Dufaut in MGG2, Bd. P5, Sp. 1509–1510).

Dufaut (um 1604–um 1670) arbeitete zu einer Zeit, als sein Instrument, die Laute, sich immer schneller, immer weiterreichend veränderte. Die Anzahl der Saiten (Chöre) war von den Veränderungen betroffen und die Stimmung der Laute. Wenn das fünf- bis sechs-, manchmal auch siebenchörige Instrument im 16. Jahrhundert durchgehend im „vieil ton“, gestimmt war, gab es jetzt zahlreiche Varianten. Schon um die Wende zum 17. Jahrhundert wurden in Tabulaturen neunchörige Lauten verlangt, wenig später zehn- und elfchörige, außerdem – besonders in Frankreich – unterschiedliche Stimmungen: „les accords nouveaux“.

Die Spielweise des „style brisé“ setzte sich immer mehr durch, der gebrochene Stil, den auch einige Cembalisten der Zeit favorisierten und den sie auch den „style luthé“ nannten. Die französischen Lautenisten der Zeit – und unter ihnen in besonderem Maß François Dufaut – wirkten stilistisch prägend – und zwar nicht nur für Frankreich.

Allerdings fand der „style brisé“ nicht nur Bewunderer und Nachahmer. Baron schrieb 1727: „Was aber die Lauten anlanget, so haben sie [die Franzosen] eben nicht viel besonders prᴂstirt. Ihre berühmtesten Maitres sind Gautier, den man vor einen von den ältesten hält, doch hat er schon seine Sachen auf die heutige Lauten gesetzt. Mouton und Du Faut haben ihrem eigenem Genie gefolget, und das Cantabile negligiret.“ Kantabel ist der gebrochene Stil keineswegs, da muss man Baron beipflichten … aber er legt noch nach: „Was nun derer Frantzosen ihre Art überhaupt anlanget, so brechen sie so starck mit gar zuoffter Verwechselung der Stimmen, daß man wohl gar die Melodie nicht kennt.

Seit den frühen 1970er Jahren wird Musik für Barocklaute auch für die Schallplattenindustrie eingespielt und es sollte nicht lange dauern, bis man sich auch für französische Lautenmusik  interessierte. Hopkinson Smith hat schon 1976 eine Dufaut-LP aufgenommen (Astrée AS-15), den Namen François Dufaut findet man danach auf einer LP von Michael Schäffer aus dem Jahr 1977 wieder. Gespielt hat er die g-Moll-Suite mit der „Courante Suédoise“ und dem „Tombeau“ auf Mr Blanrocher, die Sigrun Richter auf ihrer aktuellen CD auch präsentiert. Seitdem liest man den Namen Dufaut immer häufiger. Pascal Monteilhet hat 1993 ein komplettes Dufaut-Programm vorgelegt (Fmac 592267), jüngst hat auch Jonas Nordberg (SACD 2015: eudora EUD 1502) die g-Moll-Suite gespielt, die wir schon kennen.

Dass Dufaut derartig konsequent das Cantabile negligiret hat, wie Baron kritisch anmerkt, macht die Musik für Interpreten gelegentlich schwierig – allerdings nur in langsamen Sätzen. Mit der Gigue der g-Moll-Suite hatte – fast möchte man sagen: naturgemäß – keiner der Interpreten, die sich an Dufaut versucht haben, Probleme, dann schon eher mit Sarabande oder Prélude. Der wunderbar gesangliche Fluss, das Legato, das im Melodienspiel auf der Laute eine der größten und erstrebenswertesten spielerischen Tugenden ist, all das macht der gebrochene Stil erst möglich. Ernst Gottlieb Baron muss ich an dieser Stelle widersprechen! Dufaut zumindest hat das Kantable nicht vernachlässigt, er hat es gefördert.

Sigrun Richter hat eine insgesamt fesselnde Dufaut-Präsentation vorgelegt … und doch könnte sie hie und dort akzentuierter spielen und pointierter, entschiedener und selbstbewusster. Nicht, dass sie sich in langsameren Passagen verlöre, wie das dem einen oder anderen ihrer Kollegen passiert (ist), keineswegs! Aber langsam vorzutragende Melodielinien legato zu spielen, ist natürlich bei einem Instrument mit punktuellem Ton schwer bis unmöglich. Daher fordern selbst erfahrene Hörer von Lautenmusik gern entschiedeneres Auftreten … wohl wissend, dass es nicht mlöglich ist. Pardon!