Giuliani pop

StrasfogelStrasfogel, Ignace
Prélude, Elegie und Rondo für Gitarre solo
Reihe: Neue Musik mit Gitarre, hrsg. v. Volker Höh
DIN A4
G&L 168, ISMN M-50089-168-0


Ignace Strasfogel (geb. 17.07.1909 in Warschau – gest. 06.02.1994 in New York) kam bereits in sehr jungen Jahren nach Berlin, wo er Komposition bei Franz Schreker und Klavier bei Leonid Kreutzer studierte. Nach verheißungsvollen Erfolgen – 1926 erhielt Strasfogel den Mendelssohn-Preis für seine Zweite Klaviersonate, wenig später wurde er musikalischer Assistent von Max Reinhardt, für den er Bühnenmusiken schrieb – brachte die Emigration in die USA 1933 eine fast ausschließliche Tätigkeiten als Pianist und Dirigent mit sich. Jahrzehntelang wirkte Ignace Strasfogel an der Metropolitan Opera, bevor er von 1974 bis 1977 die Leitung der Opéra du Rhin in Straßburg übernahm. Erst in den 1980er Jahren wandte sich Strasfogel wieder kontinuierlich der Komposition zu. Es entstanden mehrere Liederzyklen nach amerikanischer Lyrik, verschiedene Kammermusikwerke und ein Rondo („Variations“)[1] für Klavier, in dem Strasfogel mit Abstand von nahezu fünfzig Jahren thematisches Material aus seinem einzigen, gegen 1940[2] für Andrés Segovia komponierten Gitarrensolowerk „Prélude, Elegie und Rondo“ aufgreift und im Spiegel seines Spätwerks gleichermaßen aphoristisch reflektiert. Die Tatsache, dass Ignace Strasfogel nach einem knappen Jahrhundert auf ein Werk zurückgreift, das aufgrund geringen Interesses des Widmungsträgers an neuer Musik unaufgeführt blieb, lässt ahnen, wie wichtig ihm die musikalische Substanz dieses Tryptichons war, dessen Uraufführung für Strasfogel allmählich in unerreichbare Ferne zu rücken schien. Erst die Begegnung mit dem Gitarristen Volker Höh ließ eine Uraufführung in greifbare Nähe rücken – sie fand in Recklinghausen am 26. August 1991 in Anwesenheit des Komponisten statt.

„Prélude, Elegie und Rondo“ nimmt nicht nur im ansonsten hauptsächlich pianistisch und vokal orientierten Schaffen Strasfogels einen besonderen Platz ein; vor allem im Gitarrenrepertoire der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kommt dem Tryptichon, das in formaler und gestischer Hinsicht eine gewisse Verwandtschaft zur barocken „Suite“ erkennen lässt, aufgrund seiner Originalität und musikalischen Viergestaltigkeit (die primär von harmonischen und polyphonen Strukturen bestimmt ist, instrumentale Klischees hingegen konsequent vermeidet) ein bedeutender Rang zu.

Mit ebenso humorvoller wie prägnanter Feder skizzierte Ignace Strasfogel in einem Brief[3] an Volker Höh den Charakter der einzelnen Sätze, die auch einzeln aufführbar sind: „1. Brandenburgisch (!), 2. Romantisch, 3. Leichter Rhythmus“.

Würzburg, Juli 1994, Kolja Lessing

1 Erschienen auf CD bei DANACORD (DACO CD 389: Rarities of Piano Music 1991 from the Husum Festival (Kolja Lessing, Klavier)
2 Briefliche Auskunft von Ignace Strasfogel an Volker Höh vom 30. März 1991
3 Brief vom 30. März 1991